Betreuungsrechtsreform - das neue Betreuungsrecht ab dem 01.01.2023

Das neue Betreuungsrecht stärkt die Selbstbestimmung der betreuten Menschen und stellt ihre Wünsche in den Mittelpunkt des Betreuerhandelns

Neustrukturierung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts ist die umfassendste Reform des Betreuungsrechts seit seiner Einführung zum 01.01.1992. Das Betreuungsrecht wurde nach den Vorgaben von Artikel 12 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention - UN BRK) mit dem Ziel modernisiert, die Selbstbestimmung und Autonomie der Betroffenen sowohl im Betreuungsverfahren als auch in der rechtlichen Betreuung selbst zu stärken und die Qualität der gesetzlichen Betreuung zu sichern. 


Durch das Reformgesetz wurden unter anderem die Struktur des BGB und einzelne Normen geändert. Das Betreuungsbehördengesetz (BtBG) wird durch das Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) abgelöst, welches Regelungen zu den Aufgaben der Betreuungsbehörden, der Betreuungsvereine und die Zulassungs- und Registrierungsvoraussetzungen für ehrenamtliche und berufliche Betreuer enthält.

Zentrale Grundsätze und Bedeutung für die Betreuungsarbeit

Grundsatz des neuen Betreuungsrechts ist die Stärkung der Selbstbestimmung und Autonomie der betreuten Menschen. Der Vorrang der Wünsche der Betroffenen wird das zentrale Leitbild des gesamten Betreuungsrechts. Dies hat Einfluss auf die Tätigkeit aller Akteure im Betreuungswesen und Auswirkungen sowohl auf das Betreuungsverfahren als auch auf die rechtliche Betreuung selbst.


  • Voraussetzungen der Betreuerbestellung       

       Der objektive Unterstützungbedarf wird künftig als erste Voraussetzung für die 

       Einrichtung einer rechtlichen Betreuung geprüft - erst danach erfolgt die Feststellung 
       von medizinischen Defiziten. Nach wie vor gilt das Erforderlichkeitsprinzip: Eine 
       rechtliche Betreuung darf nur dann angeordnet werden, wenn die Angelegenheiten des
       Betroffenen nicht durch einen Bevollmächtigten besorgt werden können und/oder alle  
       vorgelagerten sozialrechtlichen Hilfen ausgeschöpft worden sind und nicht mehr
       ausreichen, um den Betroffenen ausreichend zu versorgen.

  • Umfang der Betreuung

       Die einzelnen Aufgabenbereiche (wie beispielsweise Vermögenssorge, Gesundheit-
       sorge, Behörden- und Versicherungsangelegenheiten) müssen explizit vom 
       Betreuungsgericht angeordnet werden. Eine Betreuung "in allen Angelegenheiten"
       ist künftig unzulässig. Falls Sie bereits seit längerer Zeit eine ehrenamtliche Betreuung
       führen und auf Ihrem Betreuerausweis die Betreuung noch "in allen Angelegenheiten"
       angeordnet ist, wenden Sie sich bitte unbedingt an Ihr zuständiges Amtsgericht!

  • Auswahl des Betreuers

       Als Ausprägung des Selbstbestimmungsrechts haben Betroffene künftig ein stärkeres
       Mitspracherecht bei der Auswahl des Betreuers. Sie werden in die 
       Entscheidungsfindung einbezogen und sollen ihre eigenen Vorstellungen zur Auswahl  
       eines Betreuers einbringen. Dem Wunsch der Betroffenen ist grundsätzlich zu 
       entsprechen - eine Nichtbefolgung des Wunsches ist nur bei fehlender Eignung 
       möglich. Dies wird im Einzelfall vom Betreuungsgericht geprüft.

  • Maßstab des Betreuerhandelns

      Zentrale Norm ist § 1821 BGB. Geregelt wird hier zum einen das Unterstützungs-
      prinzip. Der Betreuer hat danach nur dann von seiner Vertretungsmacht Gebrauch zu   
      machen, soweit dies erforderlich ist.Die rechtliche Betreuung wird als Unterstützung 
      zur Ausübung der rechtlichen Handlungsfähigkeit des Betroffenen ausgestaltet wird. 
      Es gilt: Unterstützung vor Vertretung! 

      Weiter findet sich in § 1821 BGB nunmehr ausdrücklich die grundsätzliche      
      Wunschbefolgungspflicht für den Betreuer. Diese stellt den Maßstab für das gesamte    
      Betreuerhandeln dar - die Gesetzesbegründung spricht insoweit von der "Magna 
      Charta" des gesamten Betreuungswesens. Der bisher verwendete Begriff des "Wohls" 
      des Betreuten wurde ganz bewusst gestrichen. Grenzen der Wunschbefolgungspflicht 
      finden sich allein bei einer Gefährdung der betroffenen Person selbst oder bei einer 
      Unzumutbarkeit für den Betreuer. 

      Damit der Betreuer die Wünsche des Betreuten ermitteln kann, hat er regelmäßigen 
      Kontakt zu dem Betreuten zu halten, sich regelmäßigen einen persönlichen Eindruck 
      von dem Betreuten zu verschaffen und dessen Angelegenheiten mit ihm zu 
      besprechen. Wenn der Betreuer die Wünsche des Betreuten nicht feststellen kann   
      (z.B. weil der Betreute sich nicht mehr äußern kann), hat er den mutmaßlichen Willen 
      zu ermitteln und umzusetzen. Dies kann beispielsweise durch Sichtung von Unterlagen 
      wie Patientenverfügungen oder durch Befragung von Angehörigen geschehen.

Änderungen für ehrenamtliche Betreuer und Berufsbetreuer

Sowohl für ehrenamtliche Betreuer als auch für Berufsbetreuer gelten neue Zulassungs- beziehungsweise Registrierungsvoraussetzungen mit dem Ziel, die Qualität der gesetzlichen Betreuung zu sichern.

Nähere Informationen zu den Zulassungsvoraussetzungen für ehrenamtliche Betreuer finden Sie hier.

Für alle Berufsbetreuer gilt nunmehr ein bundeseinheitliches Registrierungsverfahren. Die Registrierung erfolgt auf Antrag bei der zuständigen Stammbehörde. Voraussetzungen für die Registrierung sind unter Anderem die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit sowie eine ausreichende Sachkunde. Letztere umfasst Kenntnisse des Betreuungsangebotes- und Unterbringungsrechts, Kenntnisse des sozialrechtlichen Unterstützungssystems sowie Kenntnisse der Kommunikation mit Personen mit Erkrankung und Behinderungen.

Weiterführende Links und Informationen

Auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz finden Sie weiterführende Information zur Reform des Betreuungsrechts mit einem Einführungsvideo und zusätzlichen Materialien für die verschiedenen Akteure im Betreuungsrecht.

Der Betreuungsverein Stormarn bietet zudem in regelmäßigen Abständen Fortbildungen zum neuen Betreuungsrecht an. Nähere Informationen finden Sie in unserem halbjährlich erscheinenden Veranstaltungsprogramm.